Abschluss einer Ära
Mit den Hamburger Ballett-Tagen endet die Intendanz John Neumeiers
Die Ballettschule des Hamburg Ballett präsentiert ihr Können
Alle zwei Jahre zeigen die Schülerinnen und Schüler der Ballettschule des Hamburg Ballett, was sie können. In diesem Jahr war es eine Art Premiere und erster Spiegel einer neuen Ära: Seit einem knappen Jahr steht die Schule unter der pädagogischen Leitung von Gigi Hyatt. Sie war 2013 nach 16 Jahren in den USA in die Hansestadt zurückgekehrt, um die Nachfolge von Marianne Kruuse anzutreten. Und schon jetzt wird deutlich, dass Hamburgs Ballettintendant und Direktor der Schule John Neumeier gut daran getan hat, für diese wichtige Aufgabe gerade die in Hamburg beliebte und gefeierte frühere Erste Solistin des Hamburg Ballett zu engagieren. Ihr ist es gelungen, das ohnehin schon hohe Niveau der Ausbildung erkennbar noch weiter zu steigern. Diese Ballettschule kann sich mit den besten der Welt messen.
Fast drei Stunden lang zeigten die Vorschulklassen A, B und C sowie die Ausbildungsklassen I bis VI und die Theaterklassen VII und VIII in einem bunten Kaleidoskop, was sie gelernt haben: von der Folklore über den modernen Tanz bis zum anspruchsvollen Klassiker. Den Auftakt bildete „Wir danken!“ zu Musik aus der Sinfonie in C von Georges Bizet. Es ist ein ca. 35-minütiges mit vielen choreografischen und technischen Finessen gespicktes Arrangement der Ballettmeister und -pädagogen für 105 Schülerinnen und Schüler – und entsprechend kompliziert. Alle Beteiligten meisterten diese Herausforderung mit Bravour und hohem musikalischem Einfühlungsvermögen, vor allem im langsamen zweiten Satz. Eine Meisterleistung für sich bildet das anspruchsvolle Schlussbild, bei dem alle auf die Sekunde genau ihre Positionen eingenommen haben müssen! Das ist perfekt gelungen – Châpeau!
Danach hieß es „Bühne frei“ für die 70 Küken der Vorschulklassen A bis C, die einen ausgelassenen Square Dance in der Choreografie von Ann Drower zeigten. Die Kleinen konnten dabei ihrem Bewegungsdrang so richtig die Sporen geben – das war ein Heidenspaß und Tanzfreude pur. Leider zückten währenddessen nicht wenige stolze Eltern im Publikum ihre Smartphones, um das ganze in Bild und Video festzuhalten (dabei steht in jedem Programmzettel, dass Foto- und Filmaufnahmen grundsätzlich verboten sind!). Diejenigen Zuschauer, die ihre Aufmerksamkeit ganz dem Bühnengeschehen widmen wollten, wurden durch die grellen Handy-Displays erheblich gestört.
Das nächste Stück gehörte den Großen aus der Theaterklassen VII, die in „Redux 2.0“ zur der grandiosen Percussion von Ryan Lewis modernen Tanz präsentierten. Die Choreografie erarbeitete Stacey Denham gemeinsam mit den Schülerinnen und Schülern. Es ist ein vielfältiger Mix aus Streetdance und Modern Dance, immer wieder durchbrochen von klassischen Bewegungselementen, gekonnt und mit viel Freude auf die Bühne gebracht.
Vor der Pause dann noch John Neumeiers 1984 choreografiertes (und damals u.a. mit Gigi Hyatt erarbeitetes) und mit vielen Schwierigkeiten gespicktes „Mozart 338“ zu dessen Sinfonie Nr. 34 in den wunderschönen Kostümen von Jil Sander. Hier konnten die Theaterklassen VII und VIII ihr Können entfalten, allen voran der groß gewachsene, eindrucksvolle Carl van Godtsenhoven und der mit einer überschäumenden Tanzfreude gesegnete Giacomo Altovino sowie ihre Partnerinnen Nako Hiraki und Nami Aam.
Im Anschluss daran ein Stück für große Jungs: „Here We Come“, eine Choreografie von Eric Bruhn für Canada’s National Ballet School, ein munteres Paradestück mit einem Hauch von Melancholie für 14 Jungen der Theaterklassen VII im Matrosenanzug mit zwei Soli, die Carl van Godtsenhoven und Mathias Oberlin überzeugend darstellten.
Dann folgte noch ein Folklore-Intermezzo für die Ausbildungsklassen IV bis VI, bevor die Theaterklassen VII und VIII als krönenden Abschluss ein Divertissement aus dem 3. Akt von „Dornröschen“ in der Choreografie von Marius Petipa und John Neumeier zeigten. Es zeugt schon von einem gerüttelt Maß an Selbstbewusstsein bei den Verantwortlichen, sich für diese Paradestückchen zu entscheiden, gehören das „Sternenballett“, der „Blaue Vogel“ und der „Grand Pas de Deux“ doch mit zum Schwierigsten, was die klassische Ballettliteratur so zu bieten hat. Und die Schüler und Schülerinnen (darunter erstaunlich viele Asiatinnen) enttäuschten das in sie gesetzte Vertrauen nicht: Sie zeigten aufs Feinste, dass ihre Ausbildung auf einem soliden klassischen Fundament ruht. Für eine Ballettschule, auch für die des bekanntermaßen anspruchsvollen Hamburg Ballett, war das schon ein erstaunlich hohes Niveau. Unverständlich nur, dass die Musik nicht in der Orchesterversion vom Band kam, sondern als Klavierbegleitung, der Mark Harjes leider nicht den nötigen Glanz zu verleihen vermochte.
„Erste Schritte“ wird noch einmal im Rahmen der 40. Ballett-Tage aufgeführt: am 30. Juni um 19 Uhr in der Hamburgischen Staatsoper
Noch keine Beiträge
basierend auf den Schlüsselwörtern
Please login to post comments