Technik ist (fast) alles
Antoine Jully, Lar Lubovitch und Ashley Page
Feine Tänze von Ashley Page & Vivienne Westwood für das Neujahrskonzert der Wiener Philharmoniker
Bereits zum zweiten Mal zum Neujahrskonzert eingeladen, 2014 unter dem umsichtigen und feinsinnigen Dirigat von Daniel Barenboim, erwies sich der britische Choreograf Ashley Page (57) erneut als Glücksbringer. Auf dem Kontinent weniger bekannt, verhalf er die letzten zehn Jahre dem Scottish Ballet zu neuer Kraft. Bis zur Ausstrahlung der Wochen davor mit dem Wiener Staatsballett gedrehten zwei Tänze im Stadtpalais Liechtenstein, dominierte in den Ankündigungen das fraglos spannende Designer-Duo Vivienne Westwood & Andreas Kronthaler. Seit Jahren versucht der ORF jeweils internationale Designer für die Ballettkostüme zu gewinnen. Wer verpasst einem Herrn für den Walzer schon ein weißes weiches Fräckchen, versteht es, den Schwebefluss der Tänzerinnen mit luftigen Ball-Hüllen ein weiteres Mal zu beflügeln. Und dabei mit Kenntnis, Witz und Innovation das britische Empire und die europäische Mode weiter zu treiben. Ein Augenschmaus.
Dem steht der Choreograf Ashley Page, der wohl mit seiner für Ende April geplanten „Reigen“-Uraufführung in der Wiener Volksoper mehr Rampenlicht genießen wird, um nichts nach. Er weiß mit der Sprache des klassisch-akademischen Balletts kreativ umzugehen, was längst nicht mehr selbstverständlich ist, und spielt – wie schön - musikalisch und bewegungstechnisch detailreich mit den gar nicht einfachen Vorlagen. Zu Josephs Lanner „Die Romantiker“, alles Andere als ein typischer Tanz-Walzer, gibt er jedem der fünf Paare, im Fernsehbild angeführt von Ketevan Papava und Eno Peci, einen eigenen Charakter. Britische Noblesse fließt da mit der einfallsreichen, eleganten Bildregie von Michael Beyer in den renovierten Prunkräumen zusammen. Ob Page bei seiner Inszenierung der „Pizzicati“-Variation von Léo Delibes aus dem Ballett „Sylvia“ (1876) an seinen Lehrmeister Frederick Ashton gedacht hat? Dessen „Sylvia“ erfreut sich neuen Interesses. Als „Bäumchen wechsel dich“-Spiel kommt die Polka jedenfalls bei Page daher: Frivol, amüsant und spritzig in Westwoods Schottenkaro mit popo-kurzem Cul-de-Paris-Zitat für „Jägerin“ Irina Tsymbal und Maria Yakovleva. Vergnüglich anekdotisch hatte auch Kilt-Tänzer Peci seinen Spaß in diesem Quartett, gefolgt von Kirill Kurlaev.
Dass das Turnier-Paar Kathrin Menzinger und Vadim Garbuzov exzellent Wettbewerbs-Donauwalzer tanzt, steht außer Frage. Die Tanzsport-Profis kennt man vor allem aus der erfolgreichen Fernseh-Show „Dancing Stars“. Dass der ORF aber in seiner einzigen tänzerischen Live-Darbietung - das Paar kreiselte letztlich in den Goldenen Saal des Wiener Musikvereins hinein - auf Leistungssport setzt, ist unverständlich.
Wiederholung des Neujahrskonzerts: Sa. 4.1., 20 Uhr 15, 3sat; Mo. 6.1., 10 Uhr, ORF2
Noch keine Beiträge
basierend auf den Schlüsselwörtern
Please login to post comments