Carlos Matos bleibt bis 2019 an den Landesbühnen Sachsen
Der Tanzchef verlängert seinen derzeitigen Vertrag um weitere drei Jahre
In „Obsession“ stellen sich Tänzerinnen und Tänzer der Landesbühnen Sachsen auch choreografisch vor
Ganz nah am Publikum, in der Studiobühne des Radebeuler Stammhauses der Landesbühnen Sachsen, geben sich acht Mitglieder der Kompanie ihren choreografischen Obsessionen hin. Sie selbst und ihre Kolleginnen und Kollegen der Tanzkompanie präsentieren zum Beginn der Saison neun kurze Stücke in unterschiedlichen Besetzungen, das Spektrum ist weit, nicht alles in gleichem Maße überzeugend, aber aufs Ganze gesehen, ein Anfang, der Lust auf mehr macht.
Dass man nicht immer da ankommt, wohin man kommen sollte, wird gleich in der ersten Arbeit von Joana Martins mit dem Titel „Drifting“ klar. Sie und Nina Plantefève-Castryck versuchen Zustände der Einengung zu zeigen, dazu tragen sie ein Korsett, das wird geschnürt und gelöst, sie irren in einer Manege, die eine kommt heraus, die andere nicht.
„Behind the apple“ heißt die Arbeit von Tommaso Quartini für eine Frau mit grünem Apfel und drei Männern, die sich weniger für die zwischenzeitlich auch mal eingerahmte „Eva“ zu interessieren scheinen, als dafür, wem die Jacke passt, um die sie mehr oder weniger heiter balzen. Hier wird auch deutlich, wie wesentlich die gewählte Musik sein kann, denn schroffe, vom Kronos Quartett eingespielte Passagen eines Stückes von Gorecki befördern die tänzerische Dynamik.
Eine beeindruckende Steigerung der Musikalität des Tanzes erlebt man in einem Duett mit bewussten Anspielungen auf die Kunst des Pas de deux von Nina Plantefève-Castryck, welches sie mit Tommaso Quartini tanzt. Das Stück heißt „Zenosyne“, es wird ausgesprochen stimmig von der Musik und dem Gesang des arabischen Sängers Bachar Mar-Khalifé beflügelt und wird so zum Höhepunkt des Abends.
„Jamais“ ist ein gut gemeintes, emanzipatorisch angehauchtes Frauentanztheaterstückchen von Morgan Perez für fünf Tänzerinnen, dem etwas mehr Stringenz oder besser noch ein Schuss Humor gut tun würde.
Joana Martins und Michele Pastorini tanzen in „Saudades“ von Hugo Rodrigues zu einem Stück des bedeutenden portugiesischen Komponisten und Gitarristen Carlos Paredes, der 2004 im Alter von fast 80 Jahren verstarb. Das Gespür, im Tanz Flügel zu bekommen, über die Welt zu fliegen, worum es im ausgewählten Musikstück geht, vermögen der Choreograf und seine Protagonisten schon zu vermitteln.
Eine Frau im Spiegel der Vergangenheit stellt Petra Zupančic in „Buttana di Tomá“ in der einer wahren Geschichte nachempfundenen Choreografie von Michele Pastorini dar. „Die Hündin von Tomá“ hat im Mafia-Milieu der 50er Jahre in Sizilien drei Männer, die sie vergewaltigten, ermordet. Pastorini hat den Alptraum der Erinnerungen mit Tommaso Quartani, Hugo Rodriguez und Mattia Saracino zu einer knappen, dennoch eindringlichen Szene gefügt.
Dass widerspenstige Liebe Abhängigkeit bedeutet, will Tatiana Urteva in „We“ mit ihrem Partner Mattia Saracino tänzerisch darstellen, die kurze Choreografie bleibt ebenso wie „Kam?“ von Petra Zupančic, die sie mit Morgan Perez und Michele Pastorini tanzt, noch zu sehr einer möglichen Idee verhaftet, als dass sie tänzerisch überzeugen könnten.
Zum Finale die ganze Kompanie, jetzt ist auch Till Geier dabei, in einem Schnelldurchlauf im versprochenen Spannungsfeld zwischen Paradies und Hölle zu Motiven aus Vivaldis Jahreszeiten, mit den Verfremdungseffekten von Max Richter. Die zehn Tänzerinnen und Tänzer ganz in weiß, eine kleine Nutella-Orgie schafft partielle Abhilfe, ansonsten helle Heiterkeit, vielleicht a la Goldoni im Stile der Commedia dell´ arte.
Die zur Hälfte neu besetzte, zehnköpfige Kompanie findet sich zusammen, an Bewegungspotenzial fehlt es nicht, das ist eines, was dieser Abend bei aller Unterschiedlichkeit erfreulich zeigt. Zum anderen kommen sichtlich Talente und individuelle Präsenz zusammen. Man darf also gespannt sein, zu welchen weiteren Höhepunkten Carlos Matos in dieser Saison die Tanzkompanie der Landesbühnen führen wird. Schon im November gibt es mit „Momo“ Tanztheater für Kinder ab Klasse 1. Dann „Hamlet“, Tanztheater von Carlos Matos nach Shakespeare, und im Rahmen der 25. Tanzwoche Dresden kündigt Matos einen Tanzabend mit dem Titel „Silent Movies“ an: Tanz und stumme Illusionen, inspiriert von der Kunst des Stummfilms.
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