„Picasso“ von Carlos Matos

„Picasso“ von Carlos Matos

Der Egomane und seine Frauen

An den Landesbühnen Sachsen bleibt der Tanzabend „Picasso“ im Ungefähren

Wie vertanzt man ein Leben, das heute in allererster Linie über Bilder wahrgenommen wird? Besonders im Tanz ist es keine Neuheit, sich einem bildenden Künstler anzunähern, dessen kreatives Schaffen wiederum in eigene Bilder umzusetzen.

Radebeul, 11/11/2019

Wie vertanzt man ein Leben, das heute in allererster Linie über Bilder wahrgenommen wird? Besonders im Tanz ist es keine Neuheit, sich einem bildenden Künstler anzunähern, dessen kreatives Schaffen wiederum in eigene Bilder umzusetzen. An den Landesbühnen Sachsen schafft das der Leiter der Tanzcompanie Carlos Matos und verweist zurück auf die Ursprünge und Inspirationen Pablo Picassos. Trotzdem bleibt alles in verschlossen wirkenden Aussagen, die sich dem Publikum nicht gänzlich vermitteln wollen.

Alles beginnt mit dem legendären Gemälde „Les Demoiselles d’Avignon“, das in groben Zügen auf einer Leinwand nachgebildet wird. Es sind zunächst nur kubistische Flächen, die später angefüllt werden mit den Körpern der Tänzerinnen auf der Bühne. Sie scheinen dem Bild zu entsteigen, um schlussendlich wieder darin zu verschwinden. Dadurch bildet sich augenblicklich die Symbiose aus gelebter Kunst und künstlerischem Leben, wie sie besonders im Fall von Picasso so unauflösbar gestaltet war. Die Person ist von den Bildern kaum zu trennen, die Farben nicht von den Emotionen. In der Auseinandersetzung mit dem Künstler selbst kann die Biografie nicht außen vor bleiben. Und so spielen eben auch die Frauen, die in Picassos Leben so von Bedeutung waren, eine entscheidende Rolle in der Choreografie. Dabei sind die Frauen zum einen bloßes Schmuckwerk, zum anderen zentrale Figuren mit tatsächlicher künstlerischer Beeinflussung, besonders seine Ehefrauen.

Diese Komplexität spiegelt sich auch in den abstrakten kubistischen Bühnenelementen von Kerstin Laube, die zunächst, im ersten Teil der Choreografie, als reine Dekoration im Hintergrund wortloser Kommentar sind, bis sie später mehr und mehr tänzerisch mit einbezogen werden. Dadurch gelingen indirekte Zitate, die selbst wieder für sich eigene Bilder sind. Besonders eindrucksvoll ist der Moment, wenn ein Tänzer ein schräges Element - einem Pflug nicht unähnlich - über den Tanzboden schiebt und damit die Tänzer „auf die Schippe“ nimmt. Das mutet an wie ein überdimensionierter Spachtel, mit dem auf dem Boden wie auf einer Leinwand imaginärer Farbauftrag umgewandelt und zu etwas Neuem gestaltet wird.

Das Programmheft gibt dem Publikum eine Orientierungshilfe an die Hand, indem die einzelnen Szenen mit Titeln belegt sind. Das strukturiert zwar den Abend, lässt aber doch zwangsläufig all jene außen vor, die mit der Biografie Picassos nicht im Detail vertraut sind. Das wiederum ermöglicht zwar individuelle Lesarten, bringt den Abend aber nicht zu einer konkreten Aussage.
 

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