„REMACHINE“ von Jefta van Dinther im Tanzquartier Wien. Tanz: Ensemble

„REMACHINE“ von Jefta van Dinther im Tanzquartier Wien. Tanz: Ensemble 

Düster und unerbittlich

Jefta van Dinthers „REMACHINE“ als österreichische Erstaufführung im Tanzquartier Wien

Ständig in Bewegung und trotzdem nicht vorwärtskommend. So kurz könnte man „REMACHINE“ von Jefta van Dinther beschreiben. Und doch ist es viel mehr als das.

Wien, 31/01/2024

Der Bühnenraum wird von einer großen Holzscheibe dominiert. Sie wird sich das ganze Stück hindurch in unterschiedlichen Tempi drehen. Zu Beginn sitzen im Halbdunkel die fünf Tänzer*innen am Rand der Scheibe, die sich fast unmerklich dreht. Eine von ihnen beginnt zu singen, mit der Zeit setzen alle ein. Langsam beginnen sie sich auf der Scheibe zu bewegen, robben auf dem Rücken und bleiben doch durch die Drehung der Platte lange am selben Ort. Teilweise helfen sie sich gegenseitig, um ins Stehen zu kommen. Egal, wie langsam oder schnell sie sich bewegen, die Platte scheint sich anzupassen und lässt sie nicht vorwärtskommen. Je mehr sich die Tänzer*innen anstrengen weiterzukommen, umso schneller dreht sich die Platte, und so bleiben sie doch wieder am Platz. Plötzlich bemerkt man, dass Einzelne sich unter der Platte befinden und von dieser am Boden mitgeschliffen werden. Doch sie erkämpfen sich wieder einen Platz auf der Scheibe. 

Unterschiedliche Assoziationen kommen einem während des einstündigen Stücks in den Kopf: man denkt an Erschöpfung, Vertreibung und Flucht aber auch Gemeinschaft und Unterstützung sowie an Sisyphos. Teilweise wirkt die Platte in ihrer unerbittlichen Drehung unveränderlich und nicht beeinflussbar. Egal, was auf ihr passiert, sie dreht sich weiter. Man bekommt das Gefühl, in einer dystopischen Welt gelandet zu sein, in der sich die Menschen ihren Platz neu suchen müssen. Dieser Eindruck wird durch die düstere Lichtstimmung von Jonatan Winbo und die Soundscape von David Kiers mit eigens komponierter Musik von Anna von Hausswolff verstärkt. 

Stark dann die Schlussszene: an Seilen festgemacht, die aus der Mitte der Platte kommen, stehen die Tänzer*innen am Rand der Platte. Von den Seilen gehalten, können sie sich richtig nach außen lehnen, genießen die rasche Drehung und die entstehende Fliehkraft. Eine versöhnliche Stimmung kommt auf. Jefta van Dinthers Choreografie wirkt sehr fließend. Faszinierend vor allem wie die herausragenden Tänzer*innen, die alle auch immer wieder singen, es schaffen, auf der drehenden Platte die Formationen zu halten und zu verändern. Viel Applaus für einen Abend, der noch länger in einem nachwirkt.

 

Kommentare

Noch keine Beiträge

Ähnliche Artikel

basierend auf den Schlüsselwörtern