Bunga bunga
„Platzregen / Eine Entfernung zu Peter Handke“ uraufgeführt im Theaterhaus Stuttgart
„Multiple Choice“ heißt ein auf mehrere Jahre angelegtes Projekt des Stuttgarter Tänzer und Choreografen Fabian Chyle, eine Folge von Performances und Stücken, die zum Teil auf Stuttgarter Bühnen, aber vor allem im Internet stattfindet, auf der Seite www.mc-performance.org. Eine interessante Performance über die Schriftstellerin Unica Zürn war bereits Teil der Reihe, jetzt wurde der siebte Teil von „Multiple Choice“ im Stuttgart Rotebühlzentrum uraufgeführt. Er heißt „Pimp your Life“ – analog zur MTV-Sendung „Pimp my Ride“, wo Autos aufgemotzt werden, geht es hier um das aufgemotzte Leben.
Wir sind in einer Werbesendung fürs Klonen, von dessen Wonnen uns eine virtuelle Moderatorin erzählt, die auf schmale weiße Leinwände projiziert wird. Hängen diese Lamellen in der richtigen Diagonale, ergeben sie den verlockenden Slogan „Just do it“, mit dem jede der kleinen Werbeansprachen endet. Die Texte stammen von der österreichischen Performancetheoretikerin Marty Huber, sie schwanken zwischen hipper Anmache zum Ewig-jung-Sein, pseudowissenschaftlicher Beratung und etwas Politsatire, zum Beispiel auf die Anzeigenreihe „Du bist Deutschland“. Die flotten Ansprachen sind Werbung fürs Klonen und distanzieren sich gleichzeitig durch ihre Ironie davon, was etwas verwirrt.
Nebenbei zaubert die sexy Moderatorin (Giuliana Tiziana de Carlo) aus Konservenbüchsen immer neue Filmklone eines wasserstoffblonden Subjekts hervor, dessen Live-Vorbild sich, verkörpert durch seinen Erfinder Fabian Chyle, auf der Bühne tummelt. Umgeben von seinen filmischen Klonen wagt dieser Mensch, eine Art männliche Barbie-Puppe, ein paar Disco-Schritte, fuchtelt pantomimisch mit gelben Plastikhänden und streitet sich mit einem falschen Gorilla (Alexander Strauss) um Bananen. Seine Film-Klone stapeln derweil Cola-Kisten bis ins Unendliche, Symbole für die Austauschbarkeit, für die endlose Vervielfältigung, die Globalisierung und sicher noch für ein paar andere schlimme Dinge.
Später entpuppt sich der Gorilla als weiterer blonder Klon, indem er aus seinem Fell steigt, und auch die Film-Blondies verändern sich, werden als Dominas, Hippies oder Generale zu Klon-Armeen, während sich die beiden Live-Klone auf der Bühne um ihre Echtheit kloppen. Sie kehren als zwei Nackte mit Greisen-Masken auf dem Kopf zurück, sterbende Klone womöglich, alleingelassen von der Welt.
Inhaltlich schießt die Performance ein bisschen ins Leere – dass man im Augenblick noch relativ wenig Angst vor dem geklonten Übermenschen haben muss, zeigt der südkoreanische Wissenschafts-Skandal. Rein technisch beeindrucken zwar die manipulierten Filmbilder von Alex Schmidt, aber so neu ist der Einsatz von Film im Tanz nun auch wieder nicht, zumal hier kaum eine Interaktion stattfindet: Film und lebende Performer bleiben hübsch getrennt, eine Verunsicherung findet nicht statt – was irgendwie auch für die ganze einstündige Performance gilt.
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