Teen-Metamorphose unter Wasser

Jugendliche Tänzer eröffnen im Marstall die Reihe „Young Horses Lounge II – T(r)anzformation“

München, 21/03/2011

Teenager sind Mutanten. Alles ändert sich bei ihnen, der Körper, das Gehirn, die Clique. Das Thema „T(r)anzformation“ eignet sich also wie kein anderes für sie: Eine dreiteilige Reihe des Bayerischen Staatsballetts, des Staatsschauspiels und der Staatsoper ist dem Jungsein gewidmet. Young Horses Lounge II heißt die Reihe an sich, und Teil Eins der diesjährigen Produktion feierte nun im Marstall Premiere. Wie, könnte mancher nun denken, noch ein Jugendprojekt neben „Anna tanzt“? Ja, es macht Sinn. Denn erstens nehmen an „T(r)anzformationen“ freiwillige, tanz- und theaterinteressierte Jugendliche teil, die schon Erfahrung haben, wogegen bei „Anna“ Teenager in der schlimmsten Null-Bock-Phase zum Tanz geleitet werden. Und zweitens erntete der tänzerische Teil des Tryptichons beachtlichen Beifall.

Staatsballett-Solist Norbert Graf choreografierte für die 15 jungen Leute, die er per Audition nicht nach Fitness, sondern nach Charakter ausgesucht hatte, einige sehr ansprechende Stücke. Zu Beginn schweben die Teens etwa wie unter Wasser von einer Gruppe zur anderen, probieren verschiedene Positionen und Konstellationen aus. Sie sind schillernde Tiere aus einer fremden Welt. Als Glanzstück schon wenig später dann eine Choreografie zu Claudio Monteverdis „Lamento della Ninfa“: Mit weiten Ports-de-bras malen sich neun junge Mädchen selbst, bleiben aufrecht, würdig, weiblich, vor allem auch, weil sie nicht mit komplizierter Beinarbeit überfordert werden. Die Sequenz ist, weit weg vom Schultheater, ein ernsthafter Gegenentwurf zum entwürdigenden Po-Gewackel, mit dem Mädchen auf RTL und Pro Sieben vorgeführt werden. Ebenfalls bemerkenswert war die Bereitschaft der Jugendlichen zum Rollentausch. Ein gepfefferter Tango machte den Jungen zum Mädchen und vice versa, um sich zuletzt wieder ins Normale zu verkehren – ein schöne, verrückte Idee, die auch mit Feuer vorgetragen wurde.

Da das Ensemble mitgestalten durfte, gab es aber auch Klamauk. Einen Sketch mit einem Froschkönig, der an einen Gourmet gerät, muss man hinnehmen. Doch auch gefällige Geistesblitze bringen die Teens, so eine Sprachsequenz zum Verlust der Worte. Erst fehlen einem Jungen das „Ja“ und das „Nein“, zuletzt das „Ich“, dazu windet sich ein mit leeren Blättern behangenes Mädchen. Es ließ sich als seltene Gelegenheit erahnen, was Teens zu ihrem oft hahnebüchenen Geplapper treibt. Dass die wilde Schlussnummer zu Beastie-Boys-Musik eher buchstabiert als getanzt wurde, fiel danach kaum noch ins Gewicht. Zu gut hatte man bis dahin schon die Akteure, ihre Gesichter und Geschichten kennen gelernt. Teens sind komisch. Aber sie haben auch Persönlichkeit! Das muss man nach „T(r)anzformationen“ zugestehen.

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