Tanzoffensive am Lofft Leipzig: „The Raven“ von Kaari Martin

Tanzoffensive am Lofft Leipzig: „The Raven“ von Kaari Martin

Flamenco-Skizzen

„Tanzoffensive“ im Lofft: Kaari Martin, Sònia Sánchez und Compañia de Daniele Doña

Nachdem einem Abend lang dem Tango gefrönt wurde, widmete sich die „Tanzoffensive“ nun dem Flamenco. Mit drei Produktionen, die diesen Tanz alles andere als auf herkömmlich traditionelle Art und Weise auf die Bühne brachten.

Leipzig, 10/05/2015

Nachdem einem Abend lang dem Tango gefrönt wurde, widmete sich die Tanzoffensive nun dem Flamenco. Mit drei Produktionen, die diesen Tanz alles andere als auf herkömmlich traditionelle Art und Weise auf die Bühne brachten. Eher könnte man das Gebotene, in Anlehnung an das gleichnamige Miles-Davis-Stück, als „Flamenco Sketches“, Flamenco Skizzen also, bezeichnen. Auch wenn die drei Kurzinszenierungen im Lofft Leipzig mit der hypnotischen, somnambulen Melancholie der Davis-Nummer nicht allzu viel gemein haben mögen. Wobei, ganz so kann man das gar nicht sagen.

Im nachtblauen Licht nämlich erscheint zu Beginn die Finnin Kaari Martin. „The Raven“ heißt ihre Tanzperformance und spekulieren zumindest darf man mal, dass diese nun wiederum von Edgar Allan Poes gleichnamigem, raunendem Düsterpoem inspiriert wurde. Eingedenk von Zeilen wie „Here I opened wide the door / Darkness there and nothing more“, die bei Martin einen stimmigen Widerhall finden, wenn sie in bleichen Lichtquadraten erscheint, und die wirken, als fielen sie durch welch geöffnete Tür auch immer in eine ewige, jenseitige Dunkelheit. Aus der Dunkelheit scheinen auch die unsichtbaren Fäden zu kommen, die Martin in ihre oft grotesk-puppenhaften Bewegungen versetzen. Auch darin entspricht „The Raven“ einer Flamenco-Skizze in Abstraktion und nostalgisch schwarzer Tusche, surreal verwischt. Gelungen, wenn auch nicht ganz frei von kunstgewerblichen Strichziehungen, etwa beim etwas klumpigen Herabplumpsen schwarzer Federn vom Bühnenhimmel.

„El Pliegue“ heißt das zweite Stück des Abends und das tarnt sich als eines totaler Reduktion. Eine Tänzerin, wenig Bühnenlicht, keine Musik. Aber dann folgt darauf eine Kraftexplosion! Die Spanierin Sònia Sánchez stampft den Flamenco mit der Wucht des Butoh in Grund und Boden. Nicht ganz unwesentlich dabei ist, dass sich Butoh mit „Tanz der Finsternis“ übersetzt. Betrachtet man jetzt, was aus dieser Choreografie erwächst, in der sich die gestischen Attribute, Bewegungsfolgen und Haltungen des andalusischen mit denen des japanischen Tanzes zu einem ganz eigenen Muster verbinden, dessen Farben erst effektvoll kollidieren und dann ineinanderfließen. Dass Sánchez dabei nicht nur mit Präzision und verblüffendem Abwechslungsreichtum im Bewegungsvokabular brilliert, sondern auch mit schlicht erstaunlicher körperlicher Kondition, sorgt zu recht für begeisterten Applaus.

Ebenfalls aus Spanien ist die Compañia de Daniele Doña. „A Pie de Calle“ heißt die Choreografie, die ihrerseits eine recht ausgefeilte Flamenco-Skizze darstellt, und eine ist, die auch die Karikatur bedient. Mit den persiflierenden Klischees werden Spanienbilder in absurder Verfremdung und Überspitzung inszeniert: Orangen und Machismo, Kastagnetten und erhabene Blicke, Stolzieren und Verrenken. Zwei Tänzer im militant uniformierten Schwarz (Daniele Doña und Christian Martin) befinden sich in Interaktion, die als ein Duellieren in Form körperlichen Monologisierens aufscheint. Dass Flamenco dabei martialisch militant wirken kann, schließt nicht aus, dass er schön ist. Und dass er schön ist, schließt nicht aus, dass seine Darbietung Witz haben kann. „A Pie de Calle“ bedient all das trefflich.

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