„Into The Beat - Dein Herz tanzt“ kommt ins Kino

„Into The Beat - Dein Herz tanzt“ kommt ins Kino

Hip-Hop-Spektakel mit Tiefgang

„Into The Beat - Dein Herz tanzt“ kommt ins Kino

Ballett triftt Hip-Hop, Kontrolle trifft Freiheit – die Handlung ist bekannt, die choreografische und filmische Umsetzung ist in Stefan Westerwelles Film jedoch besonders gut gelungen.

München/Berlin, 10/07/2020

Schon den Vorspann gliedern Tanzszenen, und in Neonbuchstaben leuchtet der Filmtitel auf. „Into The Beat - Dein Herz tanzt“ geht gleich rasant zur Sache und hält dieses Tempo dann auch bis zur letzten Minute durch. Ab 16. Juli ist der Streifen in den Kinos zu sehen und wird seine Zielgruppe, ein tanzbegeistertes junges Publikum, auf jeden Fall erreichen. Auch weil die Story selten so intensiv erzählt wird. Katya, ein Ballettmädchen aus dynastischem Haus, bereitet sich aussichtsreich aufs Vortanzen für ein Stipendium an einer fiktiven New Yorker Akademie vor. Schon ihre verstorbene Mutter und ihr Vater waren Bühnenstars, alle - dies vielleicht zu sehr Klischee - natürlich russischen Geblüts. Seinen ersten Spannungspunkt erhält die Geschichte als Katyas bewunderter Papa bei der Landung aus einem Sprung einen Beinbruch erleidet, der, so erfährt man später, nicht gut verheilt und daher seine Karriere beendet. Das setzt die Tochter zusätzlich unter Druck, nun die Fackel des Tanzes zu übernehmen. Ein Zufall pfuscht ihr ins Handwerk.

Als Katya mit dem Rad stürzt, bietet ihr eine freundliche Frau Reparatur an - im Hip-Hop-Studio, in dem sie unterrichtet. So trifft das Mädchen auf eine ihr zunächst fremde Welt, die sie jedoch zunehmend in den Bann zieht: von der gebundenen Strenge klassischer Form hin zur explosiven Ungebundenheit des Street Dance. Und weil Katya in Marlon einen Jungen kennenlernt, der an sie glaubt, bald ihr Talent entdeckt und sie fordert, bis beide ein nahezu unschlagbares Duo bilden, treibt sie das in einen fast existenziellen Konflikt. Sie schwänzt ihre fürs Vortanzen so wichtigen Ballettklassen zugunsten des Hip-Hop-Trainings, denn auch dort lockt ein Vortanzen: gemeinsam mit Marlon für die Aufnahme in eine prominente Crew aus New York.

Was sich salopp liest, ist mit dem Schmerz der Selbstfindung verbunden, einerseits den Vater nicht zu enttäuschen, doch zum anderen den wirklich eigenen Weg zu finden. Der Regisseur und Drehbuch-Mitautor Stefan Westerwelle hat sehr lange nach der perfekten Besetzung der Rollen gesucht und sie in Alexandra Pfeifer aus Stuttgart und dem Berliner Yalani Marschner auch gefunden. Beide bestechen durch spielerische Sensibilität in ihren vielschichtigen Parts, mitreißendes Temperament in den tänzerischen Sequenzen und das nötige Maß an Verrücktheit, um sich auf ein solches Abenteuer einzulassen - inklusive Sprung ins Hamburger Hafenbecken, herunter von jenem Schiff, das sie verbotenerweise tanzend erkunden. Dass ihre Charaktere Relief erhalten, ist ihr Verdienst, sie vom behüteten Ballettmädchen zum leidenschaftlichen Hip-Hop-Girl, er vom verschlossenen, da elternlos aufgewachsenen Street Dancer zum Partner in Tanz und Leben, bald auch mit Familienanschluss.

Martin Schlechts Kamera ist stets nah dran, ob in der Welt des Balletts, dem Foyer des Leipziger Opernhauses oder der stahlverstrebten Atmosphäre einer Leipziger Werkhalle als riesigem Probenort auch in seiner Einsamkeit. Fulminant fängt die Kamera die vielen überschäumenden Hip-Hop-Szenen ein, die Jeff Jimenez und Pepita Bauhardt den Besten unter den gut 1800 Studierenden der Berliner Flying Steps Academy als Background einstudiert haben, auf der Bühne, in der Hamburger U-Bahn, im Studio. Martin Schlecht filmt von vorn, von der Seite oder von oben, macht choreografische Strukturen sichtbar und bringt sie geradewegs zur Eruption. So wird ein modernes Märchen wahr, Katyas und Marlons Traum vom Tanz um den Globus - und wirkt dabei auch noch glaubhaft. Trystan W. Pütter als zunächst starrsinniger Ballettvater und Helen Schneider als gestrenge Pädagogin vervollkommnen eine erlesene Darstellermannschaft, die in 31 Drehtagen diesem hinreißenden Film Profil gegeben hat - nicht in Hollywood, sondern als deutsche Wertarbeit, die ebenso Andrej Melitas stücktragende Originalkompositionen und Songs, ob anfeuernd oder melancholisch, einbeschließt.

 

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