Steigen, fallen, in der Schwebe bleiben
„Ukiyo-e“ von Sidi Larbi Cherkaoui bei den Ludwigshafener Festspielen
Les Ballets de Monte-Carlo feiern Jubiläum mit „Chassé Croisé“
Tanzproduktionen aus Monte Carlo zählen zum Feinsten, was der neoklassische Tanz seit Jahren zu bieten hat. Das weiß auch das Festspielhaus St. Pölten, das die Tänzer des monegassischen Balletts nach dem großen Erfolg mit „Cinderella“ letzten Herbst in der nächsten Spielzeit mit „Roméo et Juliette“ nach Österreich bringen wird. Dieses Jahr feiern die vom Fürstentum Monaco subventionierten „Les Ballets de Monte Carlo“ nicht nur ihr 20-jähriges Bestehen. Chefchoreograf Jean-Christophe Maillot hat für seine neue Produktion, die im Grimaldi-Forum Premiere hatte, erneut den auch in Wien gut bekannten Szene-Choreografen Sidi Larbi Cherkaoui eingeladen.
„Chassé Croisé“ ist der Übertitel des Abends. Es handelt sich um zwei Begriffe aus dem Ballettvokabular, die auf Gemeinsamkeiten und Unterschiede der beiden Choreografen Maillot und Cherkaoui verweisen. Hochkarätig sind nicht nur die ungemein wandelbaren und mit größter Subtilität agierenden Tänzer, auch aus dem Orchestergraben klingen unter der Leitung von Françoise Lasserre ausgewählte Kompositionen (v.a. Lieder) von Claudio Monteverdi und Heinrich Schütz. Maillot suggeriert in seinem gut halbstündigen Werk „Altro Canto“ auf nahezu schwarzer Bühne ein luzides Spiel um züngelnde Bewegungskunst.
Immer wieder sind Kerzen ein gestalterisches Bühnenmoment. Kerzen, die von den Tänzern erreicht werden wollen, die ausgelöscht werden. Tänzer, die einander erheben, in deren Mittelpunkt die herausragende Ballerina Bernice Coppietters steht. Wellenförmig, organisch und fließend ist das Bewegungsmaterial, flackernd und flatternd die Sprache der Hände, der Oberkörper. Von der Renaissance inspiriert sind die originellen Kostüme des Modezaren und Maillot-Freundes Karl Lagerfeld, der für Cherkaoui die elegante Abendkleidung entworfen hat. „Mea Culpa“ nennt Cherkaoui sein veritables Stück Tanztheater, das kontrapunktisch zu Maillots raffinierter Sprache steht.
Diesmal ist die Bühne vollgeräumt mit Konsum-Müll und jeder Menge gestapelter Bücher. Die Filmprojektion verweist von Anfang an auf Cherkaouis mutiges Thema im reichen Monte Carlo: die Flüchtlingsproblematik des schwarzen Kontinents und die ungelöste Haltung Europas in der Frage der Migration. Es ist sicher nicht Cherkaouis bestes Werk geworden, zumal der Choreograf zwar partienweise den Männern des Ensembles seine persönliche, virtuose Tanzweise beigebracht hat, mit den Frauen, die er auf Spitze trippeln lässt, aber weit weniger anfangen zu weiß. Inhaltlich aber setzt er zu eindringlichen Liedern von Heinrich Schütz auf brennende Fragen der Gegenwart, für die er immer wieder entsprechende Bilder wie etwa Hochmut und Unverstand findet.
Mit freundlicher Genehmigung des Kurier
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